Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall

Erstattung des Fahrzeugschadens und weiterer Schadenspositionen

 
1. Vorbereitung der Schadensregulierung
Unmittelbar nach dem Unfall ist es zunächst geboten, die Beweise zu sichern (Lichtbilder von der Unfallstelle fertigen, Anschriften von Zeugen notieren, siehe Checkliste „Verhalten bei Verkehrsunfällen).

Sodann sollte anhand des festgestellten und beweisbaren Sachverhalts überprüft werden, ob aufgrund des Unfalls Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn es sich um einen fremdverschuldeten Unfall handelt, wenn also der Unfallgegner sich im Straßenverkehr falsch verhalten hat. Dies läßt sich in der Regel anhand der StVO feststellen.

Aber auch dann, wenn dem Schädiger ein Verschulden nicht nachgewiesen werden kann, kann ein Schadensersatzanspruch aufgrund der sogenannten Betriebsgefahr des Schädigerfahrzeugs gegeben sein. Die Haftung für die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs besteht verschuldensunabhängig. Lediglich wenn der Fahrer des unfallgegnerischen Fahrzeugs den sogenannten Entlastungsbeweis führen kann entfällt die Haftung aus der Betriebsgefahr.

In manchen Fällen liegt auf Seiten beider Beteiligter ein Fehlverhalten vor. In diesem Fall ist zu prüfen, ob zumindest eine Haftungsquote besteht, ob also ein bestimmter Anteil des eigenen Schadens als Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann.

Weiterhin benötigt man den richtigen Anspruchsgegner. Dies ist in der Regel der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners. Ist das Kennzeichen des Gegners bekannt, kann dessen Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer über den Zentralruf der Autoversicherer (0180 – 25 02 6) ermittelt werden.

Schließlich benötigt man noch einen Nachweis über die Höhe des entstandenen Schadens. Dies erfolgt bei Schäden an einem Kraftfahrzeug in der Regel durch ein Gutachten eines Kfz-Sachverständigen. Der Geschädigte hat das Recht, sich selbst einen Sachverständigen auszusuchen, er ist also nicht verpflichtet, einen Sachverständigen des unfallgegnerischen Kraftfahrt-Haftpflichtversicherers zu akzeptieren.

Wenn also Anspruchsgrund und Anspruchsgegner ermittelt sind und der Umfang des entstandenen Schadens festgestellt wurde, ist zu prüfen, welche Ansprüche erfolgreich geltend gemacht werden können. Bei fremdverschuldeten Unfällen steht es dem Geschädigten frei, sich bereits von Anfang an der Hilfe eines Rechtsanwalts zu bedienen. Die Vergütung des Rechtsanwalts gehört zum erstattungsfähigen Schaden und ist daher von dem Unfallgegner bzw. dessen Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer zu erstatten.
2. Fahrzeugschaden
Bei den meisten Verkehrsunfällen ohne Personenschaden ist der Schaden am eigenen Fahrzeug die wichtigste Schadensposition. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, sein Fahrzeug tatsächlich reparieren zu lassen um Schadensersatz für den Fahrzeugschaden beanspruchen zu können. Er kann auch nach Maßgabe der vom Gutachter festgestellten Schadenshöhe Schadensersatz beanspruchen (sogenannte „fiktive Abrechnung“).
Handelt es sich um einen größeren Schaden, stellt sich oft die Frage, ob der Schaden auf der Basis der Reparaturkosten oder als sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden abzurechnen ist.
In der Schadensregulierung, insbesondere in Gerichtsurteilen zu diesem Thema, werden bestimmte Fachbegriffe verwendet, von denen hier folgende erläutert werden sollen:

  • Wiederbeschaffungswert: Der Wiederbeschaffungswert ist der Betrag, den der Geschädigte zur Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs aufwenden müßte. Der Wiederbeschaffungswert soll also den Wert des Fahrzeugs vor dem Unfall darstellen.
  • Restwert: Der Restwert ist der Betrag, zu dem der Geschädigte das Fahrzeug im beschädigten Zustand verkaufen könnte. Der Restwert soll somit den Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall repräsentieren.
  • Wiederbeschaffungsaufwand: Der Wiederbeschaffungsaufwand ist derjenige Betrag, den der Geschädigte benötigt, um sich nach Verkauf des beschädigten Fahrzeugs ein gleichwertiges Fahrzeug anzuschaffen. Der Wiederbeschaffungsaufwand ist also die Differenz aus Wiederbeschaffungswert und Restwert. Im Falle einer Totalschadensabrechnung reguliert der Schadensersatzpflichtige den Fahrzeugschaden auf dieser Basis.
  • Kalkulierte Reparaturkosten: Die vom Sachverständigen ermittelten und in seinem Gutachten ausgewiesenen Reparaturkosten.
  • Konkrete Reparaturkosten: Derjenige Betrag, den der Geschädigte tatsächlich aufwenden muß, um sein Fahrzeug reparieren zu lassen.

 
Der Geschädigte ist grundsätzlich verpflichetet, den entstandenen Schaden zu gering wie möglich zu halten. Nach diesem Grundsatz wird daher zunächst geprüft, welche Abrechnungsmethode für den Schädiger die günstigste ist. Sind die kalkulierten Reparaturkosten höher als der Wiederbeschaffungsaufwand, wird der Gegner sich daher für eine Totalschadensabrechnung entscheiden.
Der Geschädigte ist jedoch nicht verpflichtet, sich stets auf eine Totalschadensabrechnung einzulassen nur weil diese für den Gegner günstiger ist als der Ersatz der kalkulierten Reparaturkosten. Die Rechtsprechung erkennt an, dass der Geschädigte sein ihm vertrautes Fahrzeug nicht gegen ein anderes austauschen möchte (sogenanntes Integritätsinteresse).
Wenn also die kalkulierten Reparaturkosten höher sind als der kalkulierte Wiederbeschaffungsaufwand, so ist zu prüfen, ob der Geschädigte dennoch Schadensersatz auf der Basis der Reparaturkosten erhalten kann.
Die Rechtsprechung zieht zur Beurteilung dieser Frage das Verhältnis der kalkulierten Reparaturkosten zum Wiederbeschaffungswert (also nicht zum Wiederbeschaffungsaufwand) heran. Es werden drei Konstellationen unterschieden:
Erste Konstellation: Die kalkulierten Reparaturkosten sind geringer als der Wiederbeschaffungswert
Zweite Konstellation: Die kalkulierten Reparaturkosten sind höher als der Wiederbeschaffungswert, aber um nicht mehr als 130 Prozent
Dritte Konstellation: Die kalkulierten Reparaturkosten sind höher als 130 Prozent des Wiederbeschaffungswerts.
 
2.1. Die kalkulierten Reparaturkosten sind geringer als der Wiederbeschaffungswert
Sind die kalkulierten Reparaturkosten geringer als der Wiederbeschaffungswert, so ist als nächstes zu fragen, ob der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug (gegebenenfalls nach einer Notreparatur) weiterhin nutzt.
 
2.1.1. Der Geschädigte nutzt das Fahrzeug weiterhin und läßt keine oder nur eine Teil- oder Billigreparatur durchführen
In diesem Fall steht dem Geschädigten zunächst der kalkulierte Wiederbeschaffungsaufwand zu. Weist der Geschädigte nach, dass er das Fahrzeug nach dem Unfall noch sechs Monate lang genutzt hat, so kann er den Schaden nach Ablauf der sechs Monate auf der Basis der kalkulierten Reparaturkosten abrechnen. Das heißt, er kann gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Versicherer nach Ablauf der sechs Monate den Differenzbetrag verlangen, um den die kalkulierten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigen.
 
2.1.2. Der Geschädigte nutzt das Fahrzeug weiterhin und läßt es fachgerecht reparieren
Wird das Fahrzeug fachgerecht repariert, so kann der Geschädigte eine Abrechnung auf der Basis der Reparaturkosten verlangen. Legt er eine Reparaturrechnung vor, so kann er die Erstattung des Rechnungsbetrages verlangen ohne die sechsmonatige Wartefrist einhalten zu müssen sofern er tatsächlich beabsichtigt, das reparierte Fahrzeug noch mindestens sechs Monate weiter zu nutzen. (s.u. Nr. 2.2.2).
Will der Geschädigte die Reparaturkosten dagegen fiktiv, also auf der Basis der im Gutachten kalkulierten Reparaturkosten abrechnen, so wird er sein Integritätsinteresse auch hier durch eine sechsmonatige Weiternutzung des Fahrzeugs nachzuweisen haben. Den Betrag der kalkulierten Reparaturkosten, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt, kann er also erst nach sechs Monaten geltend machen.

2.1.3. Der Geschädigte verkauft das Fahrzeug
In diesem Fall erhält der Geschädigte den Wiederbeschaffungsaufwand, falls dieser geringer ist als die kalkulierten Reparaturkosten. Das Integritätsinteresse des Geschädigten spielt hier also keine Rolle, da dieser durch den Verkauf dokumentiert hat, dass er kein besonderes ideelles Interesse an dem Fahrzeug hatte.
 
2.2. Die kalkulierten Reparaturkosten sind höher als der Wiederbeschaffungswert, aber um nicht mehr als 130 Prozent
Auch hier ist zu fragen, ob der Geschädigte das Fahrzeug verkauft oder weiterhin nutzt.
 
2.2.1. Der Geschädigte nutzt das Fahrzeug weiterhin und läßt keine oder nur eine Teil- oder Billigreparatur durchführen
In diesem Fall erhält der Geschädigte den Wiederbeschaffungsaufwand. Auf eine Weiternutzung des Fahrzeugs kommt es in diesem Fall nicht an.

2.2.2. Der Geschädigte nutzt das Fahrzeug weiterhin und läßt es fachgerecht reparieren
Weist der Geschädigte eine fachgerechte Reparatur des Fahrzeugs nach und hat er die Reparaturkosten einer Fachwerkstatt beglichen, so kann er nach Auffassung des OLG Celle (Beschluss vom 22.01.08) sofort die Erstattung der verauslagten Reparaturkosten verlangen. Er braucht in diesem Fall also nicht zunächst durch eine sechsmonatige Weiternutzung des Fahrzeugs sein Integritätsinteresse nachzuweisen.
Bei fiktiver Abrechnung (Abrechnung auf der Basis der im Gutachten kalkulierten Reparaturkosten) muß jedoch auch hier die sechsmonatige Wartefrist eingehalten werden. Weitere Voraussetzung ist der Nachweis einer tatsächlich fachgerechten Reparatur. Dieser kann z.B. durch eine Nachbesichtigung durch den Sachverständigen erbracht werden. Ein Teil- oder Billigreparatur genügt in diesem Fall nicht.
2.2.3. Der Geschädigte verkauft sein Fahrzeug
Bei einem Verkauf des Fahrzeugs spielt das Integritätsinteresse keine Rolle, der Gegner kann also auch hier nach der für ihn günstigsten Abrechnungsmethode abrechnen, dies ist hier also der Wiederbeschaffungsaufwand.
 
2.3. Die kalkulierten Reparaturkosten sind höher als 130 Prozent des Wiederbeschaffungswerts

Sind die kalkulierten Reparaturkosten höher als 130 Prozent des Wiederbeschaffungswerts, so wird in der Regel auf Totalschadensbasis abgerechnet. Anderes kann jedoch gelten, wenn der Geschädigte eine Möglichkeit nachweist, eine fachgerechte Reparatur zu einem Preis zu erhalten, der noch innerhalb der 130-Prozent-Grenze liegt und diese fachgerechte Reparatur auch tatsächlich durchgeführt wird. 
 
3. Weitere Schadenspositionen
Neben dem Fahrzeugschaden sind bei einem fremdverursachten Verkehrsunfall in aller Regel noch einige weitere Schadenspositionen abzurechnen. Nähere Informationen finden sie unter den anderen Menüpunkten
 
http://www.adac.de/Recht_und_Rat/Unfallabwicklung/unfall_was_tun/unfall_deutschland/schadensabwicklung_inland/default.asp?ComponentID=2943&SourcePageID=233971
http://www.info-center-online.com/autounfall/nachberechnung.htm
http://www.info-center-online.com/autounfall/berechnen.htm
http://www.finanztip.de/cgi-bin/rp/search.pl?q=schadenersatz&stpos=0&s=R&verk=1&t=1
 
Schadenersatz im Ausland
 
files/shared/Auslandsregulierung.pdf